Rückblick Heimatabende

„D’Langgass nunner – vom Poland bis uff d’Brück“, so lautete das Motto zweier besonderer Heimatabende im Ersinger Heimatmuseum mit Heinrich „Massy“ Reiling und Bernd „Barny“ Schweinberger, die jeweils vor ausverkauftem Haus anhand zahlreicher Episoden an das frühere Ersingen erinnerten. „Das alte Irschinge, frisch aufgebrüht“, sollte bei Gästen jenseits der 60 die vielen Geschehnisse ins Gedächtnis zurückrufen. Doch es waren auch viele gekommen, die weit jünger waren.

Die Vorstände Kevin Jost und Walter Fuchs vom „Verein Heimatpflege und Kultur Kämpfelbach“ begrüßten in launigen Worten die beiden „Legenden“. Harald Wolf hatte Bilder aus vergangenen Jahrzehnten auf die Leinwand projiziert, und immer wieder ging ein Raunen durch den Saal, wenn außergewöhnliche Fotos gezeigt wurden. Schon der Einstieg in den Abend geriet zu einem Gag, denn die Besucher mussten eine Sonnenbrille aufsetzen, um voll konzentriert den Schnelldurchgang der „Langgass“ zu verfolgen, bei dem Bernd Schweinberger schilderte, was sich rechts und links der Langestraße in vielen Jahrzehnten abgespielt hat.

Im Mittelpunkt stand die Szenerie rund um den Kämpfelbach, der damals noch durch das Dorf floss und gesäumt war von vielen lauschigen Plätzen wie dem „Mühlhof“ oder dem „Königreich von Katzetal“. Einige Zeitzeugen kramten in ihren Erinnerungen, so wie Edelbert Gindele, der mit seinem Freund und Kollegen Rudolf Vögele (Autor der Ersinger Ortschronik) 1954 per Flugzeug nach Bogota in Kolumbien gereist war, weil dort Fasser und Goldschmiede gesucht worden waren.

Dabei waren sie, so berichtete Gindele beim ersten Heimatabend „live“, in der Ersten Klasse mit Champagner und bestem französischen Wein fürstlich bewirtet worden. Vier Jahre später ging es dann per Schiff zurück, wieder erstklassig. Damit schrieben die beiden als erste Ersinger Kreuzfahrer Geschichte. Mit „Ginny oh Ginny“ erinnerte Ursel Maier an ihre Zeit der „Sandlochlerchen“ mit Sigrid Feiler, die Tausende mit ihrem Gesang begeistert hatten. So wie auch Günter „Günterle“ Reiling von der 1a-Stimmungskapelle, dessen Klarinettenwürfe, Handstände sowie „Schmidtchen-Schleicher“-Parodien begeistert hatten.

Wie sich herausstellte, hatte fast jedes Haus seine Geschichte. Besonders der „Boulevard der Metzger und Eierhändler“ nahm einen breiten Raum ein, immer wieder auch musikalisch in Szene gesetzt von den beiden Hauptakteuren Barny und Massy. Helmut Krautmann vom Heimatverein und im „Katzentäle“ aufgewachsen, kramte viele Anekdoten hervor von diesem besonderen Ort, der ein Kosmos für sich war mit Friseur, Schuhmacher, Schreiner, Schmuckfirma oder dem Verkauf von Weinbergschnecken, einem Fasnetsprinzen und sogar einem Pfarrer.

Dass in Ersingen schon immer gerne gefeiert wurde, zeigte die Vielzahl von Gaststätten rund um die „Seufzerbrücke“ beim Rathaus. Beispielgebend erzählte Wolfgang Brezing die Geschichte aus der Zeit, als seine Eltern Pächter der „Stadt Pforzheim“ waren und über die Ackergeräte, die im Kanal entlang der Gastwirtschaft zum „Schwellen“ deponiert waren, aber manchmal längere Zeit keine Arbeit im Feld zu verrichten hatten.

Auch dass die Ersinger, zumindest die „Herren der Schöpfung“, einiges an Wein zu konsumieren imstande waren, zeigte sich beim Rundgang durch den „Amtskeller“, „Engel“, „Ochsen“ oder „Traube“, wobei in den mitgebrachten Milchkannen alles drin war, aber keine Milch. Nach gut drei Stunden und einigen Zugaben beschlossen „Massy“ und „Barny“ die unterhaltsame Tour mit dem Ersinger Hit „Vorne gelb und hinten grün“.

Der Heimatverein bedankt sich herzlich bei den beiden Hauptakteuren und Initiatoren, Bernd „Barny“ Schweinberger und Heinrich „Massy“ Reiling´, sowie bei allen Mitwirkenden für die gelungenen Heimatabende. Dass man mit dieser außergewöhnlichen Idee einen Nerv in Ersingen getroffen hatte, beweist der Ansturm auf Karten. Nicht ausgeschlossen, dass die Veranstaltung aufgrund des nach wie vor großen Interesses im kommenden Jahr 2020 eine weitere Wiederholung erfährt.